Halver (bo) – „Bei allen hehren Zielvorstellungen muß man auch den Mut haben, zu sagen, daß die Stadt die finanziellen Mittel
nicht hat, um sich in ein solches Abenteuer zu stürzen.“ Stadtdirektor Hans-Jörgen Kammenhuber scheute in der Ratssitzung am
Montag keine deutlichen Worte, als es um die Zukunft der Bahnstrecke von Oberbrügge nach Halver ging.
Nachdem es die Deutsche Bahn AG abgelehnt hatte, die Frist für eine denkbare übernahmeerklärung zu verlängern, kam ein neues
Angebot an die Stadt auf den Tisch: Unabhängig von der Einleitung des Stillegungsverfahrens, so lautete das Versprechen,
werde ein schneller Rückbau der Strecke nicht vorgenommen, wenn von der Kommune jährliche Kosten in Höhe von rund 15 000 Mark
für die Verkehrssicherungspflicht übernommen würden.

Otto Degenhardt vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) wunderte sich in der „Fragestunde für Einwohner“ der Ratssitzung
am Montag,das man diese Summe nicht übrig habe. Ihn interessierte zum einen die Frage, ob versucht worden sei, die Sicherungs-
kosten zu reduzieren. Auch nach Fördermitteln erkundigte sich der Vertreter des BUND, dem wie Bündnis 90/Die Grünen am Erhalt
der Bahnstrecke gelegen ist. Fraktionssprecher Karl-Friedrich Osenberg sprach am Montag von einem enormen Standortvorteil.
Doch: Die Zukunft scheint alles andere als rosig, wenn der Zeitpunkt für den Abriß der Gleise auch noch offen ist und
Stadtdirektor Kammenhuber 1996 nicht von einem Rückbau ausgeht. Bürgermeister Klaus Tweer appellierte ohnehin an die Bahn AG,
„nicht diese große Hektik ins Spiel zu bringen“. Auch dem Bürgerverein zur Förderung des Schienenverkehrs, der einen
Förderverein gründen will, und dem Oberbrügger Unternehmer Kugel, der in enger Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut den
Schienenstrang als ideale Teststrecke für ein Bahnmobil ansieht, wäre ein Stillhalteabkommen der Bahn am sympathischsten.
Kugels Pläne und die Absichten des Bürgerverein werden von der Stadt positiv begleitet, wie Verwaltungschef Kammenhuber
versicherte. Dennoch wiederholte der Stadtdirektor: „Die finanzielle Situation übersteigt unsere Kräfte.“
Die Entscheidung über die Stillegung fällt beim Eisenbahnbundesamt im Benehmen mit dem Land. Im Klartext: Das Land könnte
das Blatt noch wenden, lehnt die übernahme aber ebenfalls ab, weil im Güterverkehr mit einer Unterdeckung von rund 500 000
Mark im Jahr zu rechnen sei. Der Märkische Kreis ist für den Güterverkehr nicht zuständig, sondern nur für den Personennah-
verkehr auf der Schiene. Von seiner Reaktivierung geht er nicht aus.

Quelle: Allgemeiner Anzeiger