L?denscheid/Halver (bo) – Die Vielzahl der modularen Konzepte traten anfangs hinter der Klimaanlage zur?ck. Im L?denscheider
Bahnhof schien sie den Vertretern der Politik und des ?ffentlichen Lebens, die sich am Samstag zum Kennenlernen eines Zuges
eingefunden hatten (wir berichteten bereits kurz), zun?chst das Wichtigste zu sein. Doch dann entwickelte der „Talent“ sein
Talent und machte im Laufe der Fahrt nach Halver mit l?ngerem Zwischenstopp in Oberbr?gge noch auf seine anderen Vorz?ge
aufmerksam. Als da w?ren: an der Wand befestigte Sitze, die das Mehrzweckabteil kurzerhand zum Fahrradlager f?r den Wochen-
endausflug umfunktionieren, Niederflur f?r den bequemen Einstieg oder T?ren mit einer lichten Weite von 130 bis 190 Zenti-
metern.

Im Zielbahnhof Halver war die Begeisterung ungeteilt – ob beim CDU-Landtagsabgeordneten Bernd Schulte, bei der stellver-
tretenden Landr?tin Renate Weskamm, bei Halvers Stadtdirektor Hansj?rgen Kammenhuber oder dem Seelsorger der Katholischen
Kirchengemeinde Oberbr?gge, Pfarrer Johannes Thiemann. „Talent“ hatte ?berzeugt. Und die Arbeitsgemeinschaft Schleifkotten-
bahn und der B?rgerverein zur F?rderung des Schienenverkehrs (BFS) Pluspunkt in ihrem Bestreben gesammelt, die Bahnstrecke
zwischen Halver und Oberbr?gge zun?chst f?r den G?ter- und sp?ter f?r den Personenverkehr zu reaktivieren.
Der in einer kleinen Informationsbrosch?re ?ber die letzten 88 Jahre der Schleifkottenbahn verbreitete Optimismus der
Arbeitsgemeinschaft („Die n?chsten 88 Jahre beginnen mit dem Halveraner Kirmeswochenende“) schien Stefan Heinrich und
Friedrich-Wilhelm Kugel sowie Hermann Reitz vom BFS am Samstag nicht ?bertrieben. Der Leichtbau-Niederflur-Triebwagen aus der
?ltesten deutschen Waggonfabrik Talbot ?berzeugte als Alternative zum Auto im Regionalverkehr – nicht nur wegen der Klima-
anlage. Marketing-Sprecher Gunter Dwelk: „Auch im Nahverkehr hat der Kunde ICE-Standard verdient.“

„Talent“ ist der Prototyp einer neuen Generation von Triebwagenfamilie. Als ein- bis zu dreiteiliges Fahrzeug pa?t er sich
den Anforderungen der jeweiligen Strecke an und setzt mit seinen variablen Transportr?umen neue Ma?st?be f?r den Personen-
verkehr und die Logistik. Nach nur 19 Monaten Entwicklungszeit stellte die Firma Talbot ihren von Standard-Omnibusmotoren aus
der Gro?serie angetriebenen „Talent“ vor. Modulare Konzepte garantieren nach Angaben des Herstellers nicht nur einen kosten-
g?nstigen Anschaffungspreis, sondern auch hohe Wirtschaftlichkeit und Wartungsfreundlichkeit. Inzwischen hat das flexible
Fahrzeug aus dem bis vor einem Jahr als Familienunternehmen gef?hrten Aachener Werk schon etliche Interessenten gefunden,
wartet allerdings noch auf seinen Einsatz im regul?ren Regionalverkehr.
Zwischen zwei und drei Mio. Mark kostet der Wagen, mit dem die Teilnehmer der Pr?sentationsfahrt – eskortiert von etlichen
Fotografen entlang der Strecke von L?denscheid nach Halver und zur?ck – Bekanntschaft machen konnten. Vor der ?ffentlichkeit,
die den Prototyp der neuen Triebwagengeneration im Pendelverkehr zwischen Kirmes in Halver und Medardus-Markt in L?denscheid
erleben durfte. Hermann Reitz: „Die letzte Fahrt des BFS und hoffentlich die erste einer sp?teren Bahngesellschaft.“
Im 1910 in Betrieb genommenen Oberbr?gger Stellwerk, das der B?rgerverein zur F?rderung des Schienenverkehrs seit 1980 in
ein kleines Eisenbahnmuseum umwandelte, stellte Stadtdirektor Kammenhuber das Signal auf „Freie Fahrt nach Halver“, die dann
allerdings zweimal unterbrochen wurde. Fotow?nsche der Eisenbahnfreunde und ein hinter dem Tunnel in Schmidtsiepen auf dem
Gleis liegender kleiner Baumstamm sorgten f?r einen freiwilligen und unfreiwilligen Stopp. In Halver bot sich den Teilnehmern
der Jungfernfahrt des „Talent“ auf der Schleifkottenbahn die M?glichkeit, den Kulturbahnhof kennenzulernen.
Zukunft mit modernen Fahrzeugen

„Ich behaupte, das die neue Zweckbestimmung des ehemaligen Empfangsgeb?udes der Bahn in keiner Weise der Reaktivierung der
Strecke entgegensteht“, zeigte Stadtdirektor Kammenhuber offen Sympathie f?r die Pl?ne der Arbeitsgemeinschaft, machte aber
deutlich, das eine Einbeziehung des zum Leidwesen der Stadt noch gewerblich genutzten Bahngel?ndes im Anschlu? nicht mit dem
Entwicklungsziel der Stadt ?bereinstimmt.
„Der Haltepunkt m??te vorverlegt werden, und das ist m?glich.“ Der Tag jedenfalls habe gezeigt, da? mit einem modernen
Fahrzeug der Regionalverkehr Zukunft habe. Friedrich-Wilhelm Kugel und Stefan Heinrich von der Arbeitsgemeinschaft Schleif-
kottenbahn versprach der Verwaltungschef: „Im Rahmen meiner M?glichkeiten bin ich an Ihrer Seite.“
„Alles kann von unten nach oben wachsen“, war f?r Friedrich-Wilhelm Kugel das Pr?sentationswochenende der Beweis. Der Unter-
nehmer dankte der Firma Talbot, dem M?rkischen Kreis, der Stadt Halver, der Deutschen Bahn AG mit ihren Dienststellen in
Berlin, Frankfurt, Essen und Hagen und Bahnfreunden, die den Kulturbahnhof am Wochenende f?r eine kleine Ausstellung nutzten,
f?r ihre Unterst?tzung. Stefan Heinrich, Gesch?ftsf?hrer der Naturkost Heesfelder M?hle: „Unsere Vision ist, das der Schienen-
verkehr in der Region wirtschaftlich betreibbar ist, und wir sind guten Mutes, das wir unser Vorhaben umsetzen k?nnen.“
Renate Weskamm, stellvertretende Landr?tin, hofft, da? sich Friedrich-Wilhelm Kugels Pl?ne erf?llen. Sie hatte sich schon
vor Fahrtantritt in Vertretung von Landrat und B?rgermeister beim Verlesen des Gru?wortes von Klaus Tweer nicht als dessen
Erf?llungsgehilfin gef?hlt: „Gr?ner kann ich das auch nicht.“

Quelle: L?denscheider Nachrichten