Osnabr?ck (sg) Er sollte den G?terverkehr auf der Schiene zeitlich vor dem Exodus auf der Strasse retten:
Der Cargosprinter.
Ein leichter, schneller G?tertriebwagen, der auf den Schienen ?hnlich flexibel fahren sollte wie der LKW auf der Strasse, dabei billiger und zuverl?ssiger sein sollte – weil es auf der Schiene ja keine Staus gibt. Wenn es nach der Deutschen Bahn gegangen w?re, die seinerzeit, gerade ‚privatisiert‘, die Entwicklung der Triebwagenfamilie in Auftrag gab, f?hren heute auf vielen Strecken diese G?tertriebwagen – doch was man sieht, sind lediglich die normalen G?terz?ge.
Wo also ist der Cargo-Sprinter?
G?terbahnhof Osnabr?ck. Hier standen sie, die Cargo-Sprinter: Sechs rote, kurze Z?ge; jeder besteht aus f?nf einzelnen, flachen Pritschen-Wagen. Die Wagen an den beiden Enden haben je eine Fahrerkabine. Seit mehr als drei Jahren standen sie zuletzt hier – dabei sollten sie eigentlich den G?terverkehr auf deutschen Schienen retten. So berichtete etwa der Deutschlandfunk in einer Wirtschaftssendung schon im Jahr 1997:
„Die Deutsche Bahn AG ist ?berzeugt, mit dem Cargo Sprinter ?ber ein ausreichend schnelles und flexibles Transportmittel zu verf?gen.“
Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte. Dabei war und ist die Idee bestechend: Der Cargo-Sprinter ist im Prinzip ein LKW auf Schienen. Er f?hrt direkt zum Kunden, bekommt dort einen oder mehrere Container aufgeladen, und f?hrt dann los. Unterwegs trifft er sich mit anderen Cargo-Sprintern, die in dieselbe Richtung fahren. Damit die Bahn Energie spart, kuppeln sich diese kleinen Z?ge zu einem gro?en zusammen, fahren gemeinsam weiter, bis sich ihre Wege kurz vor dem Ziel wieder trennen. Der Vorteil dabei: Der Cargo-Sprinter muss nicht rangieren wie ein normaler Ferng?terzug – und spart damit pro Fahrt bis zu acht Stunden Fahrzeit.

„Der Cargo-Sprinter, das war eine interessante Entwicklung.“

sagt Marian Gaidzik von der Berater-Firma HAKON in Hannover. Der gelernte Bauingenieur besch?ftigt sich seit den achtziger Jahren mit Konzepten f?r den G?terverkehr – und hat dabei auch die Entwicklung des Cargo-Sprinters verfolgt. 1996 fuhr der erste Prototyp, zur Jahrtausendwende sollte der Routine-Betrieb beginnen. Eine Spedition aus Osnabr?ck wollte abends zwei G?terz?ge, einen in Hamburg und einen in Osnabr?ck auf die Reise schicken. In Hannover sollten sich beide treffen und dann gemeinsam nach M?nchen fahren, und dort am Morgen ankommen.
Konzept und systemtechnischer Ansatz sind an sich ?berzeugend, aber leider nicht die betriebliche Realit?t. Die Fahrzeuge waren technisch nicht ganz ausgereift, Kinderkrankheiten f?hrten mitunter zu Ausf?llen, daraus resultierten entsprechende Versp?tungen.
Probleme gab es aber auch dann, wenn die Wagen funktionierten: Der Probebetrieb startete ausgerechnet kurz vor der Weltausstellung EXPO in Hannover. Da gab es aber besonders viele Baustellen um Hannover, auf denselben Strecken, die auch der G?terverkehr benutzt – die also der Cargo-Sprinter passieren sollte. Wegen dieser Baustellen mussten die Cargo-Sprinter h?ufig lange warten und versp?teten sich – oder bekamen von vornherein ung?nstige Fahrzeiten zugewiesen.
Und das hat letztendlich dazu gef?hrt, dass das Projekt nach einem Jahr Betrieb eingestellt werden musste, da diese Versp?tungen f?r die Systemverkehre halt nicht mehr tragbar waren.
Ein Jahr Probebetrieb – das scheint nicht allzu lang zu sein, zumal sich die Fahrplanprobleme nach der EXPO gegeben h?tten. Marian Gaidzik sieht das anders:
„Ein Jahr ist ein relativ langer Probebetrieb, etwa f?r einen Spediteur, der die Schiene nutzt, statt ?ber die Autobahn zu fahren wie seine Konkurrenten das tun.“
Die Spedition dagegen weist darauf hin, dass es die Bahn gewesen sei, die sich aus dem Projekt zur?ckgezogen hat. Doch selbst wenn der Probebetrieb funktioniert h?tte, ist fraglich, ob der Cargo-Sprinter ein Erfolg geworden w?re: Die Triebwagen wurden immer teurer und sollten am Ende doppelt so viel kosten wie geplant. Das war zu teuer f?r die Betreiber. Ganz vergeblich war die Entwicklung indes nicht: Die Herstellerfirma Windhoff verkaufte knapp 50 Fahrzeuge nach England und Australien. Allerdings f?hrt nur eines davon G?ter, die anderen wurden mit Spezialaufbauten versehen: sie reinigen heute Schienen und machen sich weiterhin als Grundlage f?r so manch anderes Bahndienstfahrzeug n?tzlich.
Und auch f?r die in Osnabr?ck zuletzt abgestellten Cargo-Sprinter k?nnte die Zeit der Unt?tigkeit bald vorbei sein: Die Deutsche Bahn hat die Wagen verkauft – an die ?sterreichischen Bundesbahnen. Dort werden sie nun f?r den Einsatz als zuk?nftige Tunnelhilfsz?ge um- und aufger?stet.

Anmerkung der Schleifkottenbahn GmbH:

Die Schleifkottenbahn bedauert ausdr?cklich den erfolgten Verkauf der ex DB-CargoSprinter nach ?sterreich. Sie sind so dem deutschen Schienenverkehr entg?ltig entzogen. Durch die beim Verkauf der Fahrzeuge mitbietende ?BB zur Jahreswende 2003/2004 blieb den hiesigen deutschen Privatbahnen kaum eine Chance, diese Spezialger?te zu einem halbwegs erschwinglichen und f?r die zuk?nftige Nutzung im (und bei deren Entwicklung so vorgesehenen) G?ter-/Containerverkehr angemessenen Preis zu erwerben. Am 28.Mai 2004 wurden die Fahrzeuge von Osnabr?ck nach ?sterreich ?berf?hrt.

Quelle: Forschung aktuell ? Aus Naturwissenschaft und Technik