Eine Renaissance des Güterverkehrs auf der Schiene soll es auf einem Teil der 1964 im Personenverkehr stillgelegten und später teilweise abgebauten Nebenbahn Oberbrügge-Wuppertal zwischen Oberbrügge und Halver geben. Nachdem die Deutsche Bahn 1995 den Güterverkehr auf diesem Teilstück aufgegeben hatte, gründete der Halveraner Unternehmer Friedrich-Wilhelm Kugel mit weiteren Gesellschaftern das Unternehmen „Schleifkottenbahn“. Mit Hilfe eines Unimog-Zweiwegefahrzeugs, das gegenüber dem Betrieb mit konventionellen Triebfahrzeugen deutliche Kostenvorteile bietet, soll der Fahrbetrieb in Kürze wieder aufgenommen werden. Weiterhin sind die bereits von der DB erprobten Windhoff ‚Cargosprinter‘ sowie der aktuell von Siemens entwickelte unbemannte ‚Cargomover‘ auf dieser lokalen Güterstrecke die denkbar günstigsten Frachtfahrzeuge.
Langwierige Verhandlungen mit der Deutschen Bahn über den Kauf der 6,5 km langen Strecke konnten Ende 2000 zum Abschluss gebracht werden, gleichzeitig erfolgte die Genehmigung des Landes Nordrhein-Westfalen für den Betrieb eines Eisenbahnverkehrsunternehmens. Mittelfristig will die „Schleifkottenbahn“ darüber hinaus auch auf anderen stilllegungsgefährdeten Strecken einen wirtschaftlichen Güterverkehr ermöglichen, wobei ein innovatives Umladesystem zum Einsatz kommen soll, das in der Tat den Güterverkehr auf schwach belasteten Strecken revolutionieren könnte. Der Unternehmer Kugel als Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens entwickelte vor einiger Zeit den „Container-Lift/System Kugel“, mit dessen Hilfe der Umschlag von Containern bei geringstem personellem und zeitlichem Aufwand an fast jeder beliebigen Stelle möglich wird. Dabei kann auf den Einsatz von Rangierlokomotiven vollkommen verzichtet werden, denn der Container-Lift ist systembedingt auch durch Straßenfahrzeuge befahrbar, so dass der Waggonverschub unabhängig von vorhandenen Triebfahrzeugen durch Straßen- oder Zweiwegefahrzeuge erfolgen kann.
Neue Impulse für den Schienengüterverkehr in der Fläche?
Das Konzept der Schleifkottenbahn GmbH
Ein Grundproblem des Schienengüterverkehrs im ländlichen Raum sind seine verhältnismaßig hohen Kosten, die in einem ungünstigen Verhältnis zum meist geringen Güteraufkommen stehen. Während DB Cargo im Zuge von ‚MORA-C‘ einige Kunden nach dem Motto „Ganz oder gar nicht!“ zu gewissen Tonnagesteigerungen bewegen konnte, fehlen kostenseitig bisher die großen Innovationen und beschränken sich (wenn überhaupt) häufig darauf, eine örtliche NE-Bahn mit dem Betrieb zu beauftragen. Am Grundproblem, das eine schwere Diesellok für die Beförderung von fünf oder sechs Wagen auf vielen Nebenstrecken weiterhin überdimensioniert ist, ändert dies jedoch wenig. Und auch bei Umladeterminals im kombinierten Verkehr setzt sich nur langsam die Erkenntnis durch, das es nicht immer der sündhaft teure Containerportalkran sein muß, der eigentlich nur in den Ballungsräumen sein Geld auch wieder verdienen kann.
Gründung der SKB
Ein im Sinne kostensparender Produktionsmethoden im Einzelwagenverkehr möglicherweise richtungsbestimmendes Projekt wurde in den letzten Jahren von der Schleifkottenbahn GmbH (SKB) aus dem bergischen Halver bis zur Umsetzungsreife entwickelt. Seinen Ursprung nahm das junge Unternehmen im Jahr 1996, als sich in Halver mehrere Privatpersonen, mittelständische Unternehmer und der Bund fur Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) zusammenfanden. Anlaß war das Ende des planmäßigen DB-Güterverkehrs auf der Nebenstrecke Oberbrügge-Halver im Jahr 1995. Die Gründer der SKB wollten sich nicht damit abfinden, das die Güterverkehrsbedienung einer 20.000 Einwohner-Stadt wie Halver, die auch über einige Industrieansiedlungen verfügt, ausschließlich der Straße überlassen bleibt.
Streckenübernahme und Infrastrukturbetrieb
Die ersten Bemühungen galten dem Erhalt der Schieneninfrastruktur in Form des Bahnhofes in Halver und der sechs km langen Stichstrecke, die in Oberbrügge an die noch im Güterverkehr betriebene Strecke Brügge-Meinerzhagen-Krummenerl (früher auch Richtung Gummersbach) anschließt. Doch die Verhandlungen mit DB Netz und DB Imm gestalteten sich schwierig und langwierig, zweimal erklärte die DB die Verhandlungen für gescheitert und beantragte die Stillegung. Erst nachdem Land und Eisenbahn-Bundesamt interveniert hatten, konnte eine Kompromißlösung für die betriebsnotwendigen Grundstücke im Bahnhof Halver erzielt werden. Noch während der laufenden Abgabeverhandlungen für die Strecke, die sich über vier Jahre hinzogen, begann die SKB nach Genehmigung der DB Netz mittels einem seinerzeit in Halver stationierten Skl mit Erhaltungsarbeiten (Vegetationsarbeiten und Pflege der Entwässerungseinrichtungen) an der Strecke, um schweren Oberbauschäden vorzubeugen. Nachdem die SKB GmbH Mitte Dezember 2000 die Zulassung als Eisenbahninfrastruktur- und Verkehrsunternehmen vom Land erhalten hatte, konnte zum 01.01.2001 der Übergang der Betriebsführung erfolgen. Einer sofortigen Wiederinbetriebnahme steht allerdings noch eine Altlast aus DB-Zeiten entgegen. Noch kurz vor der Betriebseinstellung hatte die DB 1993 mit der Instandsetzung der Volmebrücke kurz hinter dem Streckenabzweig vom Bahnhof Oberbrügge begonnen. Über eine Entfernung des alten Lackes und die Erneuerung einiger Teile der ca. 20 m langen Stahlträgerbrücke kam man aber nicht hinaus. Ohne Schutzanstrich rostete die Brücke so über die Jahre dahin. Nähere Untersuchungen haben nun ergeben, das die Brücke nach kleineren Reparaturen und einer Herabsetzung der Achslast auf 18 t vorübergehend wieder befahren werden kann und erst mittel- bis langfristig ein Neubau erforderlich ist. Da dieser jedoch Investitionen in beträchtlicher Höhe erfordert, hat sich die SKB verpflichtet, bis dahin bei laufendem Bahnbetrieb die vermeintlich altersschwache Brücke entsprechend öfter durch einen Sachverständigen auf Ihre Tragfähigkeit hin prüfen zu lassen, um dem allgegenwärtigen Sicherheitsaspekt beim Verkehrsmittel Eisenbahn entsprechend Rechnung zu tragen.
SKB als Verkehrsdienstleister
Schon seit einigen Jahren war die SKB GmbH als Verkehrsdienstleister tätig, wenn auch in sehr bescheidenem Umfang: Der letzte Bahnkunde aus Halver war bis zu seinem expansionsbedingten Weggang aus dieser ländlichen Stadt Ende 2002 dem Schienengüterverkehr treu geblieben und erhielt vier- bis fünfmal monatlich einen Wagen mit hochwertigem Recyclingmaterial aus der Schweiz, den DB Cargo nach der Stillegung der Stichstrecke nach Halver 1995 nur noch bis zur Ladestraße in Brügge zustellte. Den dadurch zusätzlich notwendig gewordenen LKW-Verkehr der ACTS-Container bis Halver organisierte die SKB, um sich so einen Kunden mit nennenswerter Transporttonnage für die Aufnahme des eigenen Schienengüterverkehrs zu erhalten. Neben dem Recyclingbetrieb, der sich letztendlich gezwungen sah, die Stadt Halver als Produktionsstandort nach 7 Jahren ohne nutzbaren Bahnanschluß zu verlassen, auch anfangs für den Fall der Streckenreaktivierung noch eine deutliche Tonnagesteigerung auf der Schiene in Aussicht stellen konnte, bestehen darüber hinaus vielversprechende Kontakte zu mehreren Güterkunden in Halver und der dort näheren Umgebung. Besonders eignet sich die Absicht eines Sägewerkes im märkisch/oberbergischen Raum, umfangreiche Mengen Stammholz besonders günstig in Halver umschlagen zu können. Gleichwohl bleibt man zunächst bescheiden und geht für die Anfangsphase des Betriebes von zwei bis drei wöchentlichen Betriebstagen aus, bei entsprechender Aufkommensentwicklung auch mehr.
Dafür hat man sich ein gleichsam eigenartiges wie innovatives Betriebskonzept ausgedacht: Die Traktion der Züge über die neun km lange Strecke von Brügge über Oberbrügge nach Halver soll mit einem Zweiwege-Unimog erfolgen, der zugleich das erste Triebfahrzeug der SKB sein wird. Den Transport der Wagen bis Brügge übernimmt DB Cargo mit planmäßig verkehrenden CB-Fahrten, die wegen des Schotterwerkes in Krummenerl auch langfristig im Bestand gesichert sind. Der Unimog der SKB wird von der Leichlinger Firma Schneider auf Basis eines handelsüblichen Mercedes-Benz-Unimogs umgebaut und verfügt im Gegensatz zu den meisten bauartähnlichen Fahrzeugen, die Verschubdienst auf Fabrikhöfen versehen, über eine volle EBA-Zulassung für den Streckenbetrieb, d.h. der Unimog hat sowohl Sifa und Indusi, wie auch eine Druckluft-Waggonbremsanlage, die bei 50 km/h eine Anhängelast von rund 300t (entspricht ca. 7 beladenen Vierachsern) ermöglicht. Mit Anschaffungskosten von rund 300.000 DM wird dabei der Preis für jede neuwertige Kleinlok damit deutlich unterboten. Da das Fahrzeug nur wenige Stunden täglich im Schienenverkehr eingesetzt werden wird, kann es zwischendurch von den Gewerbebetrieben, die zugleich Güterkunden sind, genutzt werden. Leerfahrten ohne Wagen können trassenkostensparend über die Straße abgewickelt werden und für Wartungsarbeiten steht jede Mercedes-Werkstatt mit Nutzfahrzeugabteilung zur Verfügung.
Die zweite Innovation der SKB betrifft ein neuartiges Containerterminal, das am Bahnhof in Halver und neuerdings auch in Meinerzhagen-Scherl errichtet werden soll. Vereinfacht gesagt, besteht es aus einer Vielzahl von Hydraulikstempeln, die im Bahnhof beidseitig eines auch für Straßenfahrzeuge befahrbaren Gleises aufgebaut werden (Länge ca. 50 m). Nachdem der Zug in die Anlage eingefahren ist, werden von den Hydraulikstempeln aus horizontale Stützen unter die Container oder Wechselbrücken geklappt und diese rund einen halben Meter angehoben. Nachdem die Tragwagen wegrangiert wurden, fährt ein LKW in die Anlage ein und die Container werden wieder abgesetzt. Der sog. ‚Container-Lift‘ soll nach Angaben des Herstellers (übrigens auch eines der SKB-Gesellschafter) schon ab einer Menge von 20 Containern wöchentlich wirtschaftlich arbeiten. Durch die geringen Kosten erhofft man sich eine flächendeckende Errichtung/Verteilung von ‚Mini-KV-Terminals‘, eine Vorstellung, die nicht zuletzt die Zustimmung der Landesinitiative Bahntechnik fand, welche den ‚Container-Lift System Kugel‘ im Mai 2000 als ‚Produkt des Monats‘ auszeichnete. Nachdem derzeit das gesamte Engagement der SKB der Wiederinbetriebnahme/Infrastrukturerhalt der Strecke gilt, soll der Containerlift in einer zweiten Betriebsstufe als Demonstrationsanlage in Betrieb gehen.
Vom Personalbedarf her arbeitet die SKB sehr sparsam, derzeit werden keine eigenen Mitarbeiter beschäftigt, die anfallenden Aufgaben werden durch die Gesellschafter nebenbei abgewickelt, bzw. bei Dritten eingekauft, dies gilt auch für den obersten Betriebsleiter. Mit der Betriebsaufnahme ist dann die Schaffung von ein oder zwei Stellen im Betriebsdienst geplant. Nach Angaben der SKB sind sowohl die Beschaffung des Triebfahrzeuges wie auch die Wiedereröffnung der Strecke (die dann auch für Sonderfahrten im Personenverkehr und perspektivisch sogar für regelmäßigen SPNV zur Verfügung steht) noch in diesem Jahr geplant. Dann soll der seit 1995 erste Güterzug wieder nach Halver verkehren.